Vergangene Woche richtete sich die Aufmerksamkeit auf Italien, als ein Report aus dem italienischen Finanzministerium bekannt wurde, gemäß dem Italien derzeit Risiken über ca. 8 Milliarden Euro aus einem früher eingegangenen Derivategeschäft hat.

Täuschungsmanöver zur optischen Reduzierung des Staatsdefizites

Ursache für diese Risiken ist ein Derivategeschäft, das Italien in den 90er-Jahren eingegangen ist mit dem Ziel, sein Staatsdefizit auf das für den Euro-Beitritt notwendige Maß zu reduzieren. 1995 hatte Italien ein Haushaltsdefizit von 7,7 % – zu viel für einen Euro-Beitritt. 1998 betrug das Defizit jedoch nur noch 2,7 %, obwohl in diesem Zeitraum weder die Steuern erhöht noch die Staatsausgaben entsprechend deutlich gesenkt wurden.

Ursache für die deutliche Senkung des veröffentlichten Staatsdefizites waren gemäß dem 29-seitigen Bericht des italienischen Staatsministeriums acht Derivategeschäfte im Gesamtwert von 31,7 Milliarden Euro mit diversen Banken. Die Einnahmen aus diesen Geschäften wurden in den Staatshaushalt eingebracht, die Risiken und die späteren Zahlungsverpflichtungen hieraus jedoch nicht. Damit wurde das Defizit optisch so weit “geschönt”, dass die Kriterien für den Euro-Beitritt erfüllt schienen.

Risiken treten jetzt zutage

Nun ist jedem Bank-Azubi bereits im ersten Ausbildungsjahr klar, dass niemand eine Zahlung leistet, ohne dafür eine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten. Die Banken leisteten die Zahlungen an Italien auch nicht aus reiner Freundlichkeit, sondern als Gegenleistung für ein Risiko, das sie damit an den italienischen Staat verkaufen konnten. Diese Risiken wurden jedoch im italienischen Haushalt nicht bewertet und die daraus entstehenden Eventualverbindlichkeiten nicht ausgewiesen.  Die Experten, die von der FT (Financial Times) und der italienischen Zeitung La Repubblica befragt wurden, gehen von derzeit bereits relevanten Verlusten von 8 Milliarden Euro aus.

Tricksen für den Euro-Beitritt

Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, wie schnell Regierungen bereit sind, die Wahrheit über die Situation ihrer Staatsfinanzen zu verschleiern und dabei nicht davor zurückschrecken, aktiv und nachhaltig trickreiche Transaktionen vorzunehmen. Ein privates Unternehmen muss in seiner Bilanz stets sämtliche eingegangenen Risiken und Eventualverbindlichkeiten ausweisen. Unterlässt es dies, macht sich die Geschäftsführung strafbar und wird dafür strafrechtlich verfolgt.

Mario Draghi war seinerzeit Generaldirektor des italienischen Finanzministeriums

Derselbe Draghi, der jetzt an der Spitze der Europäischen Zentralbank steht und der vor kurzem den Finanzmärkten versichert hat, dass die EZB alles tun werde, um den Euro zu erhalten (… whatever it takes …”), war zum Zeitpunkt dieser Trickserei Generaldirektor des italienischen Finanzministeriums. Danach, vor seiner Berufung an die Spitze der EZB, ging Draghi zu Goldman Sachs.

Kommentar:
Der Volksmund sagt: ”Die Katze lässt das Mausen nicht” und meint damit, das jemand von seinen schlechten Gewohnheiten nicht lassen kann. Ich hoffe nur, dass die Kontrollgremien in der EZB gewillt und in der Lage sind, einen nachhaltig seriösen und erfolgreichen Kurs zur Stabilisierung des Euro und der Stabilität unseres Finanzsystem zu gewährleisten.

Walter Feil