China kommt mit den Reformen seiner SOEs (State Owned Enterprises = Staatsbetriebe) voran. Mandy Chan, Head of Chinese Equities bei HSBC Global Asset Management in Hongkong, schildert im neuesten HSBC Insight vom September 2014 einige Einzelheiten.

Überkapazitäten werden abgebaut

Die Staatsbetriebe in China wurden lange Zeit ohne wirkliche Gewinnorientierung geführt. Sie waren häufig ein verlängerter Arm der politischen Führung, der auch soziale Aufgaben wie zum Beispiel die Bereitstellung von Arbeitsplätzen erfüllten. Zahlreiche Großprojekte wurden begonnen (und von Staatsbanken unkritisch finanziert), die eigentlich niemals eine Chance hatten, jeweils profitabel zu werden. Kapazitäten wurden häufig ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Bedarf aufgebaut. Damit ist jetzt Schluss.

Einige Unternehmen werden in Einzelteile zerlegt. Damit können einzelne Geschäftsbereiche zu einem höheren Preis an Dritte veräußert werden. Ausländische Partner werden hereingenommen, um die Effizienz zu steigern und den Unternehmenswert zu erhöhen. Führungskräfte werden mehr nach ihrer tatsächlichen Qualifikation – auch aus dem Ausland und mit „westlichen“ Entlohnungs-Systemen – hereingenommen. Die Politkader sollen sich hauptsächlich auf die Kontrolle fokussieren. Das Management wird künftig am wirtschaftlichen Erfolg gemessen.

Monopole werden abgebaut

Einige Schlüsselindustrien wie Öl und Gas, Eisenbahnen, Versorgung und Finanzen werden entmonopolisiert. Privates Kapital wird hereingenommen, um unterentwickelte Sektoren zu stützen und die Wettbewerbsfähigkeit der genannten Branchen zu verbessern. Staatskonzerne gehen auch an die Börse. Damit ziehen sie Kapital an und stellen sich dem Wettbewerb.

Hohes Potential aufgrund der niedrigen Bewertungen

Wie Mandy Chan betont, öffnen diese Veränderungen zahlreiche Chancen, in die immer noch deutlich unterbewerteten Unternehmen zu investieren. Sie erwartet eine weitere Steigerung der Eigenkapital-Renditen. Besondere Anlage-Chancen sieht sie bei den staatlichen Unternehmen, die derzeit (noch) sehr niedrig gehandelt werden, teilweise unterhalb des Buchwertes. Verkäufe von Assets und Umstrukturierungen haben die Ertragslage verbessert.

Kommentar:
Die Nachrichten aus China, die hierzulande verbreitet werden, fokussieren sich nach guter deutscher Tradition immer noch auf die „schlechte“ Botschaft, dass „das Wachstum zurückgeht“. Abgesehen davon, dass nicht „das Wachstum“ zurückgeht, sondern sich nur das Tempo des weiteren Wachstums verlangsamt (2014 auf vielleicht 7,5 Prozent – oder doch nur 7,4 oder gar nur 7,3 Prozent (?) – dieses Problem möchte ich gerne für Deutschland sehen!) vollziehen sich in China derzeit gigantische Veränderungen. Die allseits betonten Probleme sind der Regierung bekannt, im aktuellen Fünf-Jahres-Plan adressiert und werden systematisch und mit Nachdruck angegangen. Die Weltöffentlichkeit kann dies unter anderem durch die tägliche Berichterstattung in CAIXIN, einer täglich online und kostenfrei verfügbaren Wirtschaftszeitung, verfolgen.

Die von Mandy Chan benannten Investment-Chancen werden mittel- und langfristig zu einem guten Ertrag führen, kurzfristig jedoch immer wieder höhere Volatilität (Schwankungen) aufweisen. Wir sollten an diesen Investments nicht vorbeigehen.

 

 

Walter Feil