Ein Kommentar von Walter Feil zu den Ereignissen im Zusammenhang mit der GameStop-Aktie:


„US-Kids“ bringen Groß-Spekulanten ins Schwitzen

Ein großes Thema in allen (Börsen-) Nachrichten der letzten Tage waren die Turbulenzen um die Aktie „GameStop“ in den USA. Hier wurde eine Fehlentwicklung in den Investmentmärkten hochgekocht, die mir persönlich schon lange ein Dorn im Auge ist.

Doch der Reihe nach:

Da gibt es in der Gruppe der sogenannten „Hedgefonds“ einige große und mächtige Spekulanten, die mit einem konstruktiven, langfristigen Investment absolut nichts zu tun haben. Im Gegenteil. Sie nutzen ihre Milliarden USD, um von Fall zu Fall mit großen Summen auf fallende Kurse zu wetten. Das geht so:

  1. Sie leihen sich Aktien, bei denen sie eine grundsätzliche Tendenz zu fallenden Kursen sehen, von großen Investoren. Die Verleiher sind häufig Fonds und ETFs, die damit eine kleine Verleihgebühr verdienen wollen.
  2. Sie verkaufen diese Aktien, die sie eigentlich gar nicht besitzen, sondern nur für eine gewisse Zeit gegen eine kleine Gebühr ausgeliehen haben. Häufig werden diese Verkaufs-Aktionen durch passend lancierte Informationen in den Medien begleitet. Sie setzen darauf, dass sie mit ihren Verkäufen die Kurse ins Rutschen bringen. Sie möchten, dass nach ihren Verkäufen viele weitere Anleger verkaufen. Sie nutzen auch die in den Handelssystemen hinterlegten StopLoss-Aufträge, die bei Erreichen bestimmter (tieferer) Kurse vollautomatisch zu weiteren Verkäufen führen. So setzen Sie eine Abwärts-Kaskade in Gang.
  3. Sie setzen darauf, dass sie die zu Beginn der Spekulation zu hohen Kursen verkauften Aktien nach dem von ihnen selbst verursachten Kursverfall billiger wieder kaufen und dann termingerecht an den Verleiher zurückliefern können. Die Differenz zwischen dem Verkaufs- und dem Kaufkurs ist ihr Gewinn.
    Ich halte diese Gruppe von Marktteilnehmern für parasitäre Schmarotzer. Trotz vieler Beiträge, die immer wieder betonen, wie wichtig diese Short-Seller wären, weil sie „für Liquidität an den Märkten“ sorgten, kann ich nicht erkennen, wo in diesem Wettgeschäft ein Nutzen für die Wirtschaft und die Anleger entstehen soll. Unvergessen der Goldman-Sachs-Mann namens Paulson, der auf den Absturz des US-Häusermarktes wettete, während das Investmenthaus seinen Kunden die verbrieften Hypothekenkredite in eben diesem Markt zum Kauf andiente.

Die Hauptaufgabe einer Börse ist aus meiner Sicht, für die Unternehmen, die sich Eigenkapital beschaffen wollen, eine Plattform zu schaffen, an der Anleger dieses Eigenkapital bereitstellen (indem sie Aktien kaufen) und in diesen Aktien = Eigenkapital der Unternehmen langfristig investiert bleiben. Die Unternehmen können wachsen, die Anleger partizipieren am Wertzuwachs und an den Gewinnausschüttungen der Unternehmen. An welcher Stelle stiften diese vorher erwähnten Parasiten der Finanzszene einen Nutzen?

Spekulation GameStop

Im Fall der „Spekulation GameStop“ ging die Wette schief. Hunderttausende von „US-Kids“ organisierten sich über die SocialMedia-Plattformen zu einer gemeinsamen Aktion. Sie kauften in großem Stil die GameStop-Aktien, hauptsächlich über die Handelsplattform Robinhood. Diese geballte Kaufkraft führte zu einer unerwarteten Nachfrage. Und wenn die Nachfrage nach einer Aktie größer ist als das Angebot, dann steigt der Kurs, bis wieder genügend Angebot bereitgestellt ist.

Dies wiederum führte zu großer Not bei den vorher erwähnten „Short-Sellern“. Sie müssen die Aktien, die ihnen nicht gehören, sondern nur für eine gewisse Zeit ausgeliehen haben, vor Ablauf der Frist wieder zurückgeben. So sind die Regeln. Sie müssen diese Aktien auch dann kaufen und zurückgeben, wenn der Kurs zwischenzeitlich – entgegen den spekulativen Erwartungen – höher liegt als vorher. Das führt dann zu einem „Short-Squeeze“. Die Spekulanten werden „ausgequetscht“, weil sie kaufen müssen, um jeden Preis.

Die Eindeckungskäufe der Shortseller trieben den Kurs von GameStop, so hoch, dass fast die ganze (Börsen-) Welt tagelang davon sprach. Das hatte absolut nichts mehr mit einer korrekten Bewertung eines Unternehmens zu tun. Das war reines Casino.

Die Verluste eines dieser Parasiten waren so hoch, dass ihm ein anderer mit einer milliardenschweren Unterstützung helfen musste. Es half auch nichts, dass die von den „US-Kids“ hauptsächlich genutzte Handelsplattform Robinhood den Handel mit Aktien von GameStop aussetzte. Der Podcast WallStreet Daily, veröffentlicht von The Pioneer (dem neuen Medienunternehmen gemäß der Vision von Gabor Steingart), weist darauf hin, dass diese Handelsplattform einem Unternehmen namens Citadel LLC gehört, das selbst auch einige Hedgefonds betreibt. Robinhood sollte – so die Werbung – aber eigentlich „zur Demokratisierung der Börse“ beitragen …

Mittlerweile fordern diese Spekulanten eine schärfere Regulierung. Es darf wohl nicht sein, dass das gemeine Volk (in diesem Fall die „US-Kids“) sich über SocialMedia abstimmt und gegen die Interessen dieser Schmarotzer handelt. Noch bis vor kurzem haben eben diese Großspekulanten eine Reduzierung der Regulierung gefordert.

GameStop ist kein Einzelfall

Die folgende Grafik zeigt die Kursentwicklung der 50 Aktien in den USA, die die größten Leerverkäufe aufwiesen. Die Kurse dieser Aktien sollten eigentlich – so die spekulative Absicht der Short-Seller – fallen. Scheinbar haben sich noch einige mehr ver-spekuliert und wurden „gesqueezt“.

Durch GameStop-Lärm nicht verunsichern lassen

Lassen Sie sich durch den Lärm um GameStop nicht verunsichern. Die hier ausgelösten Kursbewegungen sind von geringer Bedeutung für ein breit aufgestelltes Langfrist-Investment*.“

Herzlichst,
Ihr
Walter Feil

*Wie Sie mit einem breit aufgestellten Langfrist-Investment ganz entspannt solche News lesen können, erkläre ich Ihnen hier: www.ihrkonzept.de


… dieser Kommentar ist ein Auszug aus unserem Newsletter „IhrKonzeptAKTUELL“ vom 31. Januar 2021


 

Walter Feil