Die Emerging Markets rund um den Globus lieferten die letzten Monate eher unterdurchschnittliche Wachstumsdaten.
- Brasilien kämpft weiterhin mit erheblichen Problemen
- Russland fällt in die Rezession
- China verlangsamt sein Wachstumstempo
- Die ölproduzierenden Staaten erleiden Einnahmen-Einbußen aus dem Ölexport
- Die aufstrebenden Staaten in Europa leiden unter der Schwäche der Eurozone
Während das Wachstum in der Gesamtheit der Emerging Markets unter die früheren Wachstumsraten zurückfällt, hat sich der Ausblick für einige Staaten erhellt.
- Mexiko profitiert von der Erholung der US-Wirtschaft
- Chile hat den Rückgang vom letzten Jahr überwunden
- Einige kleinere Volkswirtschaften in Asien berichten von steigenden Wachstumsraten
Die Stärke des USD stellt eine Herausforderung für eine Handvoll der EM-Staaten dar. Die Ukraine erhält Unterstützung vom IMF, die Türkei und Russland erscheinen verletzlich und eine weiterer Anstieg des USD könnte auch in Brasilien zu Problemen führen. Die meisten EM-Länder kommen jedoch mit ihren USD-Schulden deutlich besser klar als in der Vergangenheit. Viele profitieren sogar von der Stärke des USD, da dies ihre Chancen auf gute Erlöse aus dem Export von Waren und Dienstleistungen in den USD-Raum erhöht.
In zahlreichen Ländern der EM wurden in jüngster Zeit die Zinsen gesenkt. Die meisten EM-Notenbanken werden jedoch bis 2016 die Zinsen wieder erhöhen, allerdings nur in geringem Maße.
Die Sorgenkinder unter den EMs sind Länder mit einem hohen Defizit in ihren Haushalten. Die Zinsen in Brasilien und in der Türkei werden deswegen hoch bleiben müssen.
Ab 2016 wieder schnelleres Wachstum erwartet
Von 2002 bis 207 stieg das GDP (Wirtschaftswachstum) der Emerging Markets (EM) bis über acht Prozent an. Nach dem Einbruch während der Finanzkrise 2008 und 2009 lag das Wachstum im Jahr 2010 fast wieder auf dem früheren Niveau. Seitdem ging das Tempo des Wirtschaftswachstums der EM jedoch zurück. Für 2015 erwartet CE (Capital Economics, ein Researchunternehmen) für die Gesamtheit der EM etwa vier Prozent. Die Rahmenbedingungen hellen sich jedoch auf, so dass für 2016 wieder ein größeres Wachstumstempo erwartet wird.
Wachstumstempo in den EM-Regionen ist nicht gleich
Das Wachstumstempo der Wirtschaft (GDP) in den EM-Regionen ist sehr ungleich. Außerdem müssen wir unterscheiden zwischen dem “absoluten” Wachstum und dem “realen” Wachstum, welches das Wachstumstempo nach Abzug der Preissteigerungsrate in der jeweiligen Region angibt.
- In Asien (inklusive China und Indien) liegt das reale GDP seit 2013 bei stabilen sechs Prozent. Für 2015 und auch 2016 sind nur geringe Veränderungen zu erwarten.
- In Lateinamerika fiel das reale GDP in 2014 deutlich zurück. Für 2015 und noch mehr für 2016 ist eine Erholung zu erwarten.
- In Emerging Europa ist (vor allem wegen dem Rückgang in Russland) in 2015 mit einem negativen Wachstum zu rechnen. 2016 steht eine deutliche Erholung bevor.
- Der mittlere Osten (inklusive Golfstaaten) und Nordafrika wachsen real zwischen zwei und drei Prozent.
- Die Staaten in der Sub-Sahara-Region (inklusive Nigeria und Südafrika) fallen 2015 zurück, kehren jedoch 2016 wieder auf das frühere Wachstumstempo von etwa fünf Prozent zurück.
Inflationsraten gehen zurück
In den meisten EM ging währen der letzten zwölf Monate die Preissteigerung zurück. Eine Ursache hierfür war der Ölpreisrückgang. Zahlreiche Notenbanken senkten in jüngster Zeit die Leitzinsen und lockerten damit die Geldpolitik. Die Grafik zeigt eine Auswahl aus den EM-Ländern.
Die Säulen zeigen die aktuelle Preissteigerung an, die schwarzen Querstriche die Preissteigerung im Vorjahr. In Russland stieg die Inflation extrem stark an. Auch in Brasilien und Kolumbien zog die Inflation an. In allen anderen Ländern, insbesondere in Indien, Indonesien, Südafrika, Mexiko, Bulgarien und Thailand ging die Preissteigerung zurück.
Zinserhöhungen der Fed und ein starker USD stellen kein Problem mehr dar
Die meisten EM-Staaten sind gut auf eine mögliche Zinserhöhung der amerikanischen Notenbank vorbereitet. Die Höhe der Schulden in USD ist überschaubar (siehe Grafik links). Außerdem verfügen die meisten EM-Staaten über erhebliche Währungsreserven. Zahlreiche EM-Staaten profitieren zudem von einem starken USD, da dies die Wettbewerbsfähigkeit und damit die Umsatzchancen der Exporteure in den USD-Raum erhöht (rechte Grafik)
China verlangsamt sein Wachstum planmäßig
In China ist die starke Expansion der Wirtschaft mit Wachstumsraten zwischen zehn und fünfzehn Prozent jährlich endgültig vorbei. Die Volkswirtschaft hat ein reifes Stadium erreicht. Die politische Führung strebt an, das bisher investitionsgetriebene Wachstum in ein konsumorientiertes Wachstum zu überführen. Für 2015 sind sieben Prozent zu erwarten, für 2016 etwa sechseinhalb Prozent.
Fehlentwicklungen werden korrigiert. Das Kreditwachstum wird eingedämmt, das schwer zu kontrollierende “social lending” durch neue Gesetze und verschärfte Regulierungen zurückgedrängt, der Immobilienmarkt gebremst. Zahlreiche Erschwernisse beim Kauf von Immobilien (Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen, besonders für Zweit- und Drittkäufer, …) führten zu einem starken Anstieg der unverkauften Immobilien und in Folge zu einem Rückgang der Neubauten (linke Grafik).
Trotz dem Preisanstieg der Immobilien in den letzten Jahren ist der Immobilienkauf heute für weite Bevölkerungskreise erschwinglicher als früher, wenn man den Preis der Immobilie ins Verhältnis zum noch mehr gestiegenen Jahreslohn stellt. Tatsächlich ist eines der wichtigsten Ziele der chinesischen Politik ein gesunder Arbeitsmarkt mit geringer Arbeitslosenquote. Seit Jahren gilt als Ziel die Schaffung von mindestens zehn Millionen neuer Arbeitsplätze, und dieses Ziel wurde Jahr für Jahr übertroffen (rechte Grafik)
Indien auf dem Weg zu einer zyklischen Beschleunigung
Unter der neuen Regierung von Narendra Modi hat Indien zahlreiche Reformen begonnen. Dies ist im Rahmen einer demokratisch gewählten Regierung nicht so einfach wie in China, wo ein zentrales Politbüro die Weichen stellt. Im demokratischen Indien kämpfen zahlreiche Interessengruppen darum, ihren Besitzstand und bisherigen Machtstatus zu erhalten. Modi wird vermutlich die nächsten zwölf bis achtzehn Monate, in denen keine bedeutenden Regionalwahlen stattfinden, nutzen, um die schwierigsten Reformen anzugehen.
Welches Potential Indien heben kann, zeigt unter anderem der Vergleich der Industrieproduktion verschiedener EM-Länder. Indien hat noch einen weiten Weg, um zu Staaten wie China oder Korea aufzuschließen. Aber auch die Philippinen und Vietnam haben schon einen stärkeren Industriesektor geschaffen (linke Grafik).
Erhebliches Potential für die wirtschaftliche Entwicklung Indiens steckt in der Beseitigung der Hemmnisse, die bisher zahlreiche große Infrastrukturprojekte behindert haben. Projekte im Gegenwert von über zehn Milliarden USD stecken seit Jahren fest, und die Planung von neuen Projekten ist nahezu zum Stillstand gekommen (rechte Grafik). Modi will diese Hemmnisse abbauen. Wenn ihm dies gelingt, wird Indien die nächsten Jahre eine deutliche Beschleunigung seines Wirtschaftswachstums erleben.
Emerging ASIA nimmt wieder Fahrt auf
Niedrige Ölpreise und eine lockere Geldpolitik stützen den wirtschaftlichen Aufschwung in den meisten Volkswirtschaften Asiens. Dies sollte dazu führen, dass die Gesamtregion 2015 und 2016 wieder schneller wächst als in den letzten Jahren (links)
Das Wachstumstempo ist allerdings nicht überall gleich. Die Philippinen und Vietnam wachsen mit über sechs Prozent am schnellsten, Korea und Thailand beschleunigen 2016, Indonesien stagniert und Malaysia fällt zurück (rechte Grafik).
Lateinamerika im Schneckentempo
Die Länder Lateinamerikas sind weit von ihren früheren Wachstumsraten entfernt. Brasilien als größte Volkswirtschaft der Region könnte 2016 wieder auf ein Prozent Wachstumsrate kommen. Venezuelas Wirtschaft schrumpft. Nur Mexiko, das über seine Exporte in die USA von der Stärkung der US-Wirtschaft profitiert, wächst. Chile und Peru werden 2015 auch wieder etwas bessere Daten liefern.
Brasilien leidet zusätzlich unter einem hohen Haushaltsdefizit (linke Grafik). Venezuela, Ecuador und Columbien wurden von dem Ölpreisrückgang besonders hart getroffen (rechte Grafik)
Emerging Europe gebremst durch Russland
Der Ölpreisrückgang ist auch die Ursache für den scharfen Rückgang des GDP in Russland. Für 2015 wird ein Absinken der Wirtschaftsleistung um fünf Prozent erwartet. 2016 könnte sich Russland wieder etwas erholen.
Die kleineren Volkswirtschaften in Emerging Europe erholen sich langsam. Hilfreich ist die Stabilisierung der Wirtschaft in der Eurozone, was die Exporte der Emerging-Europe-Staaten erhöht. Vor allem Tschechien und Ungarn exportieren viel in die Eurozone. (siehe linke Grafik)
Weitere Vorteile entstehen durch den niedrigen Ölpreis, da alle Staaten von “Emerging Europe” (außer Russland) Netto-Ölimporteure sind (siehe rechte Grafik)
Middle East fällt zurück
Die Staaten des mittleren Ostens glänzten vor dem Ölpreisrückgang mit einer boomenden Wirtschaft. Die Einnahmen aus dem Ölexport ermöglichten es den jeweiligen Staaten, auch in anderen Bereichen aufwändige Projekte zu finanzieren. Nach dem starken Rückgang des Ölpreises sind die Staatshaushalte in einigen Ländern des mittleren Ostens nicht mehr ausgeglichen. Investitionen werden zurückgefahren, die Wirtschaftsleistung schrumpft (linke Grafik).
In kluger Voraussicht haben die meisten Staaten des Mittleren Ostens allerdings in den einnahmestarken Jahren hohe Reserven in staatseigenen Fonds angelegt. Dies ermöglicht es diesen Staaten, die Mindereinnahmen aus dem Ölexport zu einem großen Teil durch Entnahmen aus ihren Reserven auszugleichen (rechte Grafik)
Trotzdem geht die Gesamtwirtschaft etwas zurück, was sich auch auf die Aktienmärkte auswirkt.
Nordafrika holt auf
Eine neue Boom-Region entwickelt sich in Nordafrika. Länder wie Ägypten, Marokko und Tunesien ziehen wieder verstärkt FDIs (Foreign Direct Investments = direkte Investitionen aus dem Ausland in inländische Projekte) an. Diese Länder profitieren auch von den gesunkenen Ölpreisen, was deren Haushaltslage und Zahlungsbilanz verbessert (linke Grafik).
Nach Jahren mit einem Wirtschaftswachstum von nur zwei bis drei Prozent erwartet CE (Capital Economics) eine Wachstumsbeschleunigung auf fünf Prozent, was etwas mehr als der Konsens ist (rechte Grafik)
Sub-Saharan Africa: ein schwieriges Jahr 2015
Die Staaten südlich der Sahara (Sub-Saharan Africa = SSA) stehen vor einem schwierigen Jahr 2015. Eine wesentlicher Grund hierfür ist das Abflauen des Rohstoff-Booms. Die Erlöse aus Ölexporten und auch aus anderen Rohstoffbereichen gingen dramatisch zurück und belasten die Haushalte und die Handelsbilanzen vor allem in den größeren Volkswirtschaften in Nigeria, Angola und Ghana. Die meisten kleineren Staaten in SSA sind allerdings netto Ölimporteure und profitieren von dem niedrigeren Ölpreis (linke Grafik)
Am besten entwickelt sich derzeit Kenia mit einer kontinuierlich steigenden Wachstumsrate bis über sechs Prozent in 2016. Auch Südafrika als die größte Volkswirtschaft in SSA wächst wieder etwas, allerdings deutlich unter seinem Potential. Die andauernden Probleme bei der Versorgung mit Strom und die Auseinandersetzungen im Arbeitsmarkt behindern erheblich (rechte Grafik)
Für die mittlere Zukunft ist in der SSA-Region allerdings ein deutlich überdurchschnittliches Wachstum zu erwarten. Nigeria könnte wieder auf sieben Prozent Wachstumsrate kommen, desgleichen Ghana, Tansania und Mozambique. Für Südafrika bleiben die Aussichten weiterhin unterdurchschnittlich.
Kommentar:
In den drei 3ik-Strategiefonds konnten wir bis vor etwa einem halben Jahr die überdurchschnittlichen Wachstumsraten im Mittleren Osten und in einigen Ländern Afrikas nutzen. Derzeit sind die Fonds jedoch in diesen Regionen nicht mehr investiert. Auch Brasilien bleibt derzeit außen vor, desgleichen die weiteren Länder Lateinamerikas. Mexiko steht unter kritischer Beobachtung, da sich das erwartete Wirtschaftswachstum derzeit nur bedingt in den Aktienkursen widerspiegelt. Investiert sind die Fonds in Indien, den Philippinen und in einigen kleineren Ländern in Asien. Die Emerging Markets Europe stehen mit positivem Vorzeichen auf der Beobachtungsliste, um den erwarteten Aufschwung dieser Länder mit zunehmender Erholung der Eurozone zu nutzen. Im Anleihebereich sind die Bonds von einigen Ländern mit Potential für Kursgewinne wegen zurückgehender Zinsen und mit dem Potential für Währungsgewinne investiert.
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