Seit Mai dieses Jahres beobachten wir eine deutliche Aufwertung des USD gegenüber dem Euro. Im Mai erhielten wir für einen Euro noch 1,40 USD, gegenwärtig nur noch 1,27. Dies entspricht einer Aufwertung des USD gegen den Euro um über neun Prozent. Dies ist eine extreme Veränderung in nur viereinhalb Monaten, vor allem, wenn man berücksichtigt, dass diese Veränderung die zwei wichtigsten Währungen der Welt betrifft.

1,40 im Mai - 1,27 Ende September

1,40 im Mai – 1,27 Ende September: der USD hat eine rasante Aufwertung gegen den Euro hinter sich.

Die Geldpolitik der Zentralbanken steuert in unterschiedliche Richtungen

Die Gründe für die Aufwertung des USD gegen den Euro liegen vor allem in der Geldpolitik der beiden Zentralbanken, die derzeit in genau entgegengesetzte Richtungen steuern.

  • Die Fed reduziert das Ankaufprogramm für Anleihen in monatlichen Schritten. Seit Wochen diskutiert die Welt bereits darüber, wann die Fed den Leitzins erhöhen und damit – nach Auslaufen des Anleihe-Ankaufprogramms – den nächsten Schritt zur Straffung der Geldpolitik gehen wird.
  • Die EZB hat gerade ein neues Programm im Volumen von 400 Millionen Euro aufgelegt, mit dem sie Banken motivieren will, die Kreditvergabe an Unternehmen auszuweiten. Die Diskussion dreht sich weiterhin darum, ob und wann die EZB ein „Europäisches QE“ im Volumen von 1.000 Milliarden Euro auflegen wird.

Einengung der Geldversorgung in den USA – Ausweitung der Geldversorgung in Europa: das sind genau entgegengesetzte Richtungen der Geldpolitik. Investoren, die bisher hohe Volumen von „Carry Trades“ in USD finanziert hatten, bauen diese Finanzierungen ab. Dies führt zu weiterer Nachfrage nach USD und damit zu Kurserhöhungen. Nachdem die EZB jüngst verlauten ließ, dass sie den Leitzins „noch geraume Zeit“ auf dem derzeit extrem niedrigen Niveau  (seit 4.9.2014 auf 0,05 Prozent) halten will, wird die Finanzierung von Vermögensanlagen in Euro noch attraktiver. Damit entsteht der umgekehrte Effekt: Darlehensaufnahmen in Euro drücken den Euro-Kurs weiter nach unten.

Die Exportwirtschaft der Eurozone profitiert von einem niedrigen Eurokurs

Ein niedriger Eurokurs verbessert die Wettbewerbsposition der Exporteure in der Eurozone. Eine Maschine, die im Mai dieses Jahres für einhunderttausend Euro angeboten wurde und heute immer noch einhunderttausend Euro kostet, ist für den in USD zahlenden Kunden heute neun Prozent billiger als im Mai. Da zahlreiche Währungen der Emerging Markets recht dicht am USD hängen, profitieren auch die Exporte in die weiterhin aufstrebenden Abnehmerländer aus der Gruppe der Emerging Markets (einschließlich China!) von dem niedrigeren Eurokurs. Dies führt in der Regel zu mehr Aufträgen (zu Lasten anderer Wettbewerber) oder zu höheren Gewinnen, wenn der Preisvorteil zumindest teilweise über höhere Europreise einkassiert wird.

Konsequenzen für die Allokation:
Kurzfristig könnte auf die rasche Aufwertung des USD gegen den Euro eine (technische) Reaktion in die Gegenrichtung folgen. Die Ausweitung der Geldversorgung in der Eurozone sollte allerdings die Abwertung des Euro gegen andere Währungen, insbesondere gegen den USD, weiter fördern. Die nächsten Monate könnten die Kurse von Unternehmen mit einem hohen Exportanteil in den USD-Raum profitieren. Alle originär in USD notierten Kurse (Anleihen und Aktien) profitieren aus Sicht des Euro-Anlegers zusätzlich von einer weiteren Aufwertung des USD gegen den Euro.

Walter Feil