In den letzten Tagen kamen Fragen auf, wie sicher die Ansprüche von Versicherungsnehmern gegen Versicherungsunternehmen in Liechtenstein und in Luxemburg sind. Für den eiligen Leser vorweg die pauschale Zusammenfassung: Die Ansprüche auf Leistungen gegenüber Versicherungsunternehmen in Liechtenstein und Luxemburg sind besser gesichert als in Deutschland. Dies ergibt sich aus den Regelungen im jeweiligen Versicherungsaufsichtsgesetz und in Liechtenstein ergänzend durch die Regelungen der Konkursordnung. In beiden Ländern sind die Vermögenswerte der Versicherungskunden in ihren Verträgen jeweils Sondervermögen.
Versicherungsvermögen in Liechtenstein sind Sondervermögen
Sondervermögen sind im Falle einer Insolvenz des Versicherungsunternehmens stets besonders gut geschützt. Sondervermögen sind getrennt von den sonstigen Vermögenswerten des Versicherungsunternehmens zu führen. In Liechtenstein sind sie gemäß Artikel 59a der Konkursordnung vor jeglichem Zugriff von außen gegen das Vermögen der Versicherungsgesellschaft geschützt. Auch in Luxemburg sind die Versicherungsvermögen durch die sogenannte „Drei-Parteien-Regelung“ unter der Aufsicht der CAA (Commissariat aux Assurances = Versicherungsaufsichtsbehörde) wirksam zugunsten des Versicherungskunden geschützt.
Über welche Art von „Sicherheit“ sprechen wir?
Bei der Beurteilung der Frage, wie „sicher“ Versicherungsvermögen für den Kunden sind, sollten wir zunächst einmal betrachten, welche Art von „Sicherheit“ wir damit meinen. Was ist Ihre Vorstellung? Meinen Sie damit Garantien bezüglich der Wertentwicklung, Rendite und Auszahlung? Oder meinen Sie damit die Sicherheit, dass das jeweils aktuelle Versicherungsvermögen auch im Falle einer etwaigen Insolvenz des Versicherungsunternehmens geschützt ist?
Hier müssen wir zunächst einmal darauf achten, wie das Vermögen für den Versicherungsvertrag angelegt wird.
Zu unterscheiden sind konventionelle und fondsgebundene Versicherungen
Es gibt einen bedeutenden Unterschied zwischen zwei verschiedenen Arten der Vermögensanlage, die beide unter dem Oberbegriff „Versicherungen“ geführt werden können.
Die konventionelle Versicherung
Hier fließen die Beiträge nach Abzug der Kosten in den allgemeinen Deckungsstock des Versicherungsunternehmens (VU). Das VU übernimmt die Verwaltung dieses Vermögens im Rahmen der gültigen Vorschriften. Diese Vorschriften engen den Spielraum bei der Auswahl von Vermögensanlagen stark ein, was in den letzten Jahren zu fast täglich zunehmenden Problemen führte: Die mit dieser Art von Vermögensanlagen erzielbaren Renditen reichen nicht mehr aus, um die Garantien, die für Verträge aus früheren Jahren für die gesamte Vertragsdauer ausgesprochen wurden, zu erfüllen. Die Garantie, die das VU seinerzeit ausgesprochen hat, wird damit zum Risiko, die zugesagte Leistung nicht mehr erfüllen zu können und damit insolvent zu werden. Versicherungskunden müssen bei einer anhaltenden Niedrigzinsphase damit rechnen, dass einige VU diese Garantien nicht mehr in vollem Umfang erfüllen können. (Mehr dazu im Versicherungsaufsichtsgesetz, siehe unten)
Fondsgebundene Versicherung
Hier fließen die Beiträge nach Abzug der Kosten in einen oder mehrere Investmentfonds, die der Versicherungskunde selbst ausgewählt hat. Die Wertentwicklung des Versicherungsvermögens und die Auszahlung im Leistungsfall hängt von der Wertentwicklung der vom Kunden selbst ausgewählten Fonds ab. Das VU garantiert keine bestimmte Rendite und sichert keine bestimmte Auszahlungshöhe zu. Damit entsteht aus der Wertentwicklung der Fonds kein Risiko für das VU. Die mitversicherten Mehrleistungen bei Eintritt des Versicherungsfalls werden branchenüblich zum größten Teil (häufig mehr als 90 %) von einem Rückversicherungsunternehmen gedeckt.
Halten wir in diesem Zusammenhang somit fest: Bei einer fondsgebundenen Versicherung entsteht für das VU aus dem Leistungsanspruch des Kunden kein Risiko, die Auszahlung nicht leisten zu können. Der Kunde erhält genau den Wert der von ihm selbst ausgewählten Fonds. Im Falle einer Insolvenz (z.B., wenn die Kosten des Geschäftsbetriebes höher wären als die dem VU zustehenden Gebührensätze für die Vertragsführung) sind die Vermögenswerte der Kunden sowohl in Liechtenstein als auch in Luxemburg wirksam geschützt.
Solvabilität der PrismaLife Versicherung
Nach Veröffentlichung des Beitrags in der Süddeutschen Zeitung, gemäß dem PrismaLife „offiziell davon spricht, dass die eigene Existenz bedroht ist“, fragte ich per Mail bei der Liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht (FMA) nach. Binnen weniger Stunden erhielt ich folgende Stellungnahme von Herrn André Hoffmann, dem juristischen Spezialisten der FMA für den Bereich Versicherungen und Vorsorgeeinrichtungen:
Sehr geehrter Herr Feil
Vielen Dank für Ihre Anfrage an Fr. Dr. Madlener … betreffend die PrismaLife AG.
Die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA) überwacht die Einhaltung der Anforderungen an die finanzielle Ausstattung von Versicherungsunternehmen. Sie prüft insbesondere die Beachtung der Vorschriften über die Eigenkapitalanforderungen, die Einhaltung der Anlagevorschriften, die Qualität und Quantität der Eigenmittel sowie die Bildung der erforderlichen versicherungstechnischen Rückstellungen. Die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen finden Sie auf der Homepage der FMA unter www.fma-li.li
Wenn Versicherungsunternehmen den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen, ergreift die FMA geeignete Massnahmen, um den gesetzmässigen Zustand wiederherzustellen und die Interessen der Versicherungsnehmer zu schützen. Solche Massnahmen werden von der FMA in der Regel ebenfalls auf ihrer Homepage veröffentlicht. (Anmerkung von WF: ich habe auf der Homepage keine Meldungen zu oder über PrismaLife gefunden)
Zu der Sicherheit von Vermögensanlagen von Kunden bei einzelnen Versicherungsunternehmen kann die FMA hingegen keine Auskunft geben. Gerne weisen wir Sie darauf hin, dass die PrismaLifeAG eine Presseinformation zur Liquiditätssituation der Gesellschaft veröffentlicht hat. Sie finden diese unter folgendem Link: prismalife.com/presse/medienmitteilungen.php.
Freundliche Grüsse
FMA – Finanzmarktaufsicht Liechtenstein
André Hoffmann, LL.M.
Juristischer Spezialist
Bereich Versicherungen und Vorsorgeeinrichtungen
PrismaLife meldet Jahresüberschuss für 2016
Gemäß dem Hinweis der Finanzmarktaufsicht sind für 2016 zwei Pressemitteilungen einzusehen. Die erste Mitteilung weist auf folgendes hin:
- Für das Jahr 2016 wird ein Jahresüberschuss erwartet
- Die im Geschäftsbericht 2015 benannten Bilanzrisiken, die 2017 entstehen könnten, sind behoben
Die zweite Mitteilung unterstreicht diese Stellungnahmen und weist noch einmal darauf hin, dass die Kundenanlagen stets Sondervermögen sind.
Mail von PrismaLife bestätigt ausdrücklich den Schutz der Versicherungsvermögen
Wenige Minuten nach der Information von der FMA (liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht) ging auch eine Stellungnahme von PrismaLife bei mir ein. Neben den bereits bekannten Informationen bestätigt PrismaLife auch selbst ausdrücklich, dass sämtliche wählbaren Anlagestrategien stets in die „Sondermasse“ (in Deutschland würden wir „Sondervermögen“ sagen) fällt.
Wie sieht es in Deutschland aus?
Ergänzend zu den Betrachtungen über den Schutz von Versicherungsvermögen in Liechtenstein und in Luxemburg könnten wir einmal einen Blick auf die Regelungen in Deutschland treffen. Hier wird schon lange darüber diskutiert, ob bei anhaltender Niedrigzinsphase alle Versicherungsunternehmen zuverlässig leisten können. Felix Hufeld, Präsident der auch für die deutschen Versicherungsunternehmen zuständigen BaFin, sagte schon anlässlich einer Pressekonferenz am 12.05.2015, dass die BaFin auch mehr Unternehmen in die aufsichtsrechtliche „Manndeckung“ nehmen müsse. Damit spielte er sicherlich auf die Probleme an, die aus den konventionellen Versicherungsverträgen entstehen, die seit ihrem Beginn in früheren Hochzinsphasen mit hohen Garantieversprechen versehen sind.
Schutz der Versicherungskunden in Deutschland ist nicht ganz so umfangreich
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland schützen die Versicherungsvermögen nicht ganz so umfangreich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass hierzulande die meisten Verträge als konventionelle Verträge (als nicht als fondsgebundene Versicherungen) abgeschlossen wurden. Auch eine Fondsgebundene Rentenversicherung wird im Augenblick der Verrentung wieder zu einer konventionellen, klassischen Rentenversicherung. Das Vermögen liegt dann im Deckungsstock, das vom VU selbst verwaltet wird – mit all den Problemen, die die enge Regulierung in den letzten Jahren heraufbeschworen hat.
Hier sind Bedenken berechtigt, ob die jetzt und künftig mit Deckungsstock erzielbaren Erträge ausreichen, nach Abzug der Kosten die garantierten Auszahlungen zu leisten. Dies ist im aktuellen Niedrigzins-Umfeld von Monat zu Monat mehr in Frage zu stellen: Jeden Tag werden gut verzinste Anleihen aus früheren Zeiten fällig. Das zurückfließende Kapital muss neu angelegt werden. Heute gibt es aber keine „sicheren“ Anleihen mehr mit hohen Zinserträgen. Damit wird es für die Versicherungsunternehmen von Tag zu Tag schwieriger, die früheren Verträge mit hoher Garantieverzinsung zu erfüllen.
In weiser Voraussicht hat der Gesetzgeber für solche Notfälle schon lange Vorsorge getroffen. In Paragraph 89 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (alte Fassung, gültig bis 1.1.2016) liest sich dies so:
VAG § 89 Zahlungsverbot; Herabsetzung von Leistungen
(1) Ergibt sich bei der Prüfung der Geschäftsführung und der Vermögenslage eines Unternehmens, dass dieses für die Dauer nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die Vermeidung des Insolvenzverfahrens aber zum Besten der Versicherten geboten erscheint, so kann die Aufsichtsbehörde das hierzu Erforderliche anordnen, auch die Vertreter des Unternehmens auffordern, binnen bestimmter Frist eine Änderung der Geschäftsgrundlagen oder sonst die Beseitigung der Mängel herbeizuführen. Alle Arten Zahlungen, besonders Versicherungsleistungen, Gewinnverteilungen und bei Lebensversicherungen der Rückkauf oder die Beleihung des Versicherungsscheins sowie Vorauszahlungen darauf, können zeitweilig verboten werden. Die Vorschriften der Insolvenzordnung zum Schutz von Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen sowie von dinglichen Sicherheiten der Zentralbanken und von Finanzsicherheiten finden entsprechend Anwendung.
(2) Unter der Voraussetzung in Absatz 1 Satz 1 kann die Aufsichtsbehörde, wenn nötig, die Verpflichtungen eines Lebensversicherungsunternehmens aus seinen Versicherungen dem Vermögensstand entsprechend herabsetzen. Dabei kann die Aufsichtsbehörde ungleichmäßig verfahren, wenn es besondere Umstände rechtfertigen, namentlich wenn bei mehreren Gruppen von Versicherungen die Notlage des Unternehmens mehr in einer als in einer anderen begründet ist. Bei der Herabsetzung werden, soweit Deckungsrückstellungen der einzelnen Versicherungsverträge bestehen, zunächst die Deckungsrückstellungen herabgesetzt und danach die Versicherungssummen neu festgestellt, sonst diese unmittelbar herabgesetzt. Die Pflicht der Versicherungsnehmer, die Versicherungsentgelte in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen, wird durch die Herabsetzung nicht berührt.
(3) Die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 können auf eine selbständige Abteilung des Sicherungsvermögens (§ 66 Abs. 7) beschränkt werden.
(Hervorhebungen durch den Verfasser dieses Beitrags)
Dieser Paragraph 89 Versicherungsaufsichtsgesetz wurde mit Wirkung zum 1.1.2016 abgelöst durch eine neue Fassung wie folgt:
§ 89 Eigenmittel
(1) Versicherungsunternehmen haben stets über anrechnungsfähige Eigenmittel mindestens in Höhe der Solvabilitätskapitalanforderung zu verfügen. In Höhe der Mindestkapitalanforderung haben sie stets über anrechnungsfähige Basiseigenmittel zu verfügen. Anrechnungsfähig sind Eigenmittel, die den Anforderungen der §§ 94 und 95 entsprechen.
(2) Die Eigenmittel eines Versicherungsunternehmens umfassen die Basiseigenmittel und die ergänzenden Eigenmittel.
(3) Basiseigenmittel sind:
1. der Überschuss der Vermögenswerte über die Verbindlichkeiten abzüglich des Betrags der eigenen Aktien in der Solvabilitätsübersicht und
2. die nachrangigen Verbindlichkeiten.
(4) Die ergänzenden Eigenmittel sind solche, die nicht zu den Basiseigenmitteln zählen und zum Ausgleich von Verlusten eingefordert werden können. Sie können die folgenden Bestandteile umfassen:
1. denjenigen Teil des nicht eingezahlten Grundkapitals, des Gründungsstocks oder des bei öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen dem Grundkapital bei Aktiengesellschaften entsprechenden Postens, der nicht eingefordert wurde,
2. bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit mit variabler Nachschussverpflichtung die künftigen Forderungen, die der Verein gegenüber seinen Mitgliedern hat, wenn er innerhalb der folgenden zwölf Monate Nachschüsse einfordert,
3. Kreditbriefe und Garantien sowie
4. alle sonstigen rechtsverbindlichen Zahlungsverpflichtungen Dritter gegenüber dem Versicherungsunternehmen.
(5) Sobald ein Bestandteil der ergänzenden Eigenmittel eingezahlt oder eingefordert wurde, ist er für die Zwecke der Solvabilitätsübersicht als Vermögenswert zu behandeln und zählt zu den Basiseigenmitteln.
Kommentar vom Verfasser dieses Beitrags:
Ich habe diese neue Fassung mehrfach gelesen. Ganz ehrlich: so wirklich klar ist mir nicht, wie sich daraus eine absolute Sicherstellung der Leistungsansprüche gegenüber dem Versicherungsunternehmen (VU) ergeben soll. Meine Meinung ist: Wenn der Kapitalmarkt für die von VU bevorzugten Vermögensanlagen die Erträge nicht mehr hergibt, die das VU zur Einhaltung seiner Garantien benötigt, können die Leistungen auch nicht mehr in voller Höhe erbracht werden. Vielleicht werden Lücken dann vom Staat geschlossen? Banken wurden ja schon mehrfach vom Staat (= vom Steuerzahler) unterstützt. Auch überschuldete Staaten wurden von anderen Staaten (= deren Steuerzahlern) unterstützt (siehe Griechenland). Warum in Zukunft nicht auch Versicherungsunternehmen? Dann erhalten die Versicherungsnehmer am Abend das Geld vom VU, das sie am Morgen an das Finanzamt überwiesen haben … oder der Finanzminister sponsert die gefährdeten Versicherungsunternehmen mit dem Geld, das er durch die extrem niedrigen Anleihezinsen bei der Staatsfinanzierung einspart … ?
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