Die neuesten Zahlen aus Spanien schrecken die Zins-Strategen auf: Lebensmittel, Getränke und Pauschalreisen waren im März dieses Jahres billiger als im Vorjahr. Auch in Deutschland sank die Inflationsrate auf den niedrigsten Stand seit August 2010. Was den Verbraucher freut, erschreckt die Volkswirte und beunruhigt die Notenbanken.

Ein weiterer Rückgang der Inflationsrate könnte – so fürchten die Notenbanken – in eine Deflation münden. Dies würde auf breiter Front zu einer weiteren Kaufzurückhaltung führen: wenn jedermann erwartet, dass die heute eigentlich beabsichtigten Investitionen morgen noch etwas billiger sein könnten, schieben Verbraucher ihre Einkäufe und Firmen ihre Investitionen so weit wie möglich auf. Dieses „in-die-Zukunft-aufschieben“ reduziert die Nachfrage noch mehr, erhöht das Überangebot – und führt zu weiter fallenden Preisen. Die Folgen einer solchen Entwicklung können wir am Beispiel Japan studieren: über 20 Jahre lang verharrte die Wirtschaft des Landes in Stagnation.

Die Notenbanken werden alles tun, um diese Entwicklung zu verhindern. Die Europäische Zentralbank hat zuletzt immer deutlicher signalisiert, dass sie, wenn nötig, die Geldpolitik erneut lockern wird. Sie will Geld in die Märkte pumpen, die Nachfrage ankurbeln und damit die Inflation der Verbraucherpreise auf etwa zwei Prozent halten. Kein Verbraucher soll zögern, heute zu kaufen, nur weil er glaubt, morgen billiger zum Zug zu kommen.

Aus diesem Ziel der EZB leiten sich eine ganze Reihe von Erwartungen ab.

  • Die EZB könnte die Leitzinsen senken. Dies führt zu einer weiteren Verbilligung der Geldversorgung – und zu einer weiteren Reduzierung der Erträge auf Spar- und Kontoguthaben. Vor allem aber kann es zu einer Schwächung des Euro gegenüber anderen Währungen führen, was wiederum die Importe verteuert und die Exporte wettbewerbsfähiger macht. Das führt zu mehr Aufträgen im Export, zu mehr Arbeitplätzen, zu mehr Einkommen, … und hoffentlich auch wieder zu mehr Inlandskonsum.
  • Die EZB könnte Banken veranlassen, durch besondere Programme (ähnlich wie in Großbritannien das Funding-for-Lending-Programm) die Kreditvergabe an kleinere und mittlere Unternehmen zu forcieren. In Deutschland leiden Unternehmen zwar nicht an einer Kreditklemme, in Spanien und Portugal aber schon. Mehr Kredite führen zu mehr Investitionen, zu mehr Arbeitsplätzen, … und damit insgesamt zu einer beschleunigten Erholung der Konjunktur.

Vor allem aber sind Sie, lieber Konsument und Bürger, gefordert. Kaufen Sie, was die Kreditkarte hergibt! Mehr Konsum erhöht die Nachfrage, mehr Nachfrage lässt die Preise wieder steigen … es reichen ja schon plus 1 %, und die Inflationsrate ist wieder im gewüschnten Zielkorridor.

Walter Feil