Jackson Hole ist ein wirtschaftlich unbedeutendes Tal in den Rocky Mountains. Indianer nutzten das beschauliche Tal früher zum Jagen und für zeremonielle Zwecke. Am Freitag letzter Woche rückte Jackson Hole jedoch in den Mittelpunkt des Weltinteresses.
Notenbanker diskutieren Geldpolitik in Jackson Hole
Jedes Jahr um diese Zeit treffen sich die wichtigsten Notenbanker zu einem Meinungsaustausch in diesem beschaulichen Ort, dessen Skigebiet bis über 3.000 Meter hoch reicht. Die Börsianer rund um den Globus erhofften sich konkrete Hinweise, wann die amerikanische Notenbank die Leitzinsen anheben wird – und sie wurden enttäuscht.
Keine Aussagen zum Zeitpunkt von Zinserhöhungen
Janet Yellen, die Chefin der amerikanischen Notenbank, will das Programm zum Ankauf von Anleihen wie erwartet weiter reduzieren. In diesem Monat kauft die Fed nur noch für 25 Milliarden US Anleihen auf, im nächsten Monat dann nur noch für 15 Milliarden. Über den Zeitpunkt von Zinserhöhungen erfuhren die gespannten Börsianer jedoch nichts. Im Gegenteil: Yellen lies in Bezug auf Zinserhöhungen alle Möglichkeiten offen. Die Geldpolitik müsse „pragmatisch sein“ und muss auf dem sich „ständig weiterentwickelnden Verständnis vom Funktionieren der Volkswirtschaft“ basieren.
Arbeitslosenquote in den USA kein zuverlässiger Indikator
Zu einem früheren Zeitpunkt hatte die Fed als Ziel die Senkung der Arbeitslosenquote definiert. Diese Ziffer wird allerdings mit sehr unpräzisen Methoden ermittelt. Telefonische Befragungen einer relativ geringen Zahl von Bürgern liefern kein wirklich repräsentatives Bild. Dies führt auch dazu, dass die Angaben zur Arbeitslosenzahl regelmäßig nach einigen Wochen revidiert wird, einmal nach oben, dann wieder nach unten. Die Zahl gibt auch keine Auskunft darüber, wie hoch der Anteil der Teilzeitarbeitnehmer ist. Weitere Verfälschungen entstehen durch die unkonsistente Bemessungsgrundlage. Herangezogen werden die Zahl der registrierten Arbeitssuchenden, nicht jedoch die Zahl der insgesamt verfügbaren Amerikaner im arbeitsfähigen Alter. Die Zahl der Arbeitssuchenden wird stark beeinflusst von der Stimmungslage und Erwartung der Einzelnen. Wenn jemand keine Aussicht (mehr) auf eine Arbeitsstelle sieht, gibt er die Suche auf und verschwindet damit aus der Statistik.
Die absolute Anzahl der Erwerbstätigen ist dagegen eine zuverlässigerer Indikator über die Entwicklung des Arbeitsmarktes in den USA. Der prozentuale Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung sinkt seit geraumer Zeit. Dies mag einer der Faktoren sein, der Janet Yellen veranlasst, den Beginn einer Zinserhöhung nicht festzulegen und auf die Erkenntnisse aus „dem sich ständig weiterentwickelnden Verständnis der Volkswirtschaft“ zu warten.
Mario Draghi mit spektakulärer Rede
Das Wall Street Journal weist auf die „spektakuläre“ Rede von EZB-Chef Mario Draghi hin. Die europäische Geldpolitik soll ein bisschen amerikanischer werden. Sie soll mit öffentlichem Geld für mehr gesamtwirtschaftliche Nachfrage sorgen. Die Regierungen sollen mehr finanzielle Impulse setzen. Hierfür bestünde auch Spielraum, nachdem das Haushaltsdefizit in Europa in I/2014 auf nur 2,7 % gesunken ist. Erlaubt sind 3,0 %. Die Neuordnung der Bemessungsgrundlage wird noch einmal mehr (optischen) Spielraum schaffen. Die öffentlichen Ausgaben sollen erhöht werden.
EZB lässt die Leitzinsen tief und denkt über Anleihekäufe nach
Darüber hinaus denkt die EZB denkt über zweckgebundene Langfristkredite für Banken (T-LTROS) nach. Die Banken haben bereits „signifikantes Interesse“ bekundet. Der Euro soll weiter abwerten. Die EZB denkt über den Ankauf von Kreditverbriefungen nach, will den Leitzins weiterhin tief halten und notfalls sogar die Geldpolitik weiter lockern.
Vor dem Hintergrund einer Arbeitslosenquote von 11,5 % in Europa sind diese im Gegensatz zu den USA sehr konjunkturfördernden Maßnahmen verständlich. Die bisherige Sparpolitik hat in mehreren Ländern Europas die Konjunktur eher gebremst und hunderttausenden von Bürgern den Job und damit die Einkommensquelle gekostet. Die Entlastung der Staatshaushalte und die „Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit“ gingen häufig zu Lasten der Arbeitnehmer: geringere Löhne, mehr Arbeitslose, wenig Neueinstellungen. Offenbar möchte die EZB auch in diesem Bereich gegensteuern, zum Beispiel durch gezielte Förderung der Kreditvergabe an kleinere und mittlere Unternehmen, die bekanntlich die meisten Arbeitsplätze schaffen.
Schlussfolgerungen für die Allokation
Solange die FED die Leitzinsen tief lässt und die Investoren keine alsbaldige Zinserhöhung befürchten, haben die Aktienmärkte weiterhin gute Chancen auf tendenziell weitere Kurssteigerungen. Wenn die EZB die Konjunktur mit einem auf die Förderung der mittelständischen Wirtschaft ausgerichtete Programm anschiebt, stützt dies auch die europäischen Aktienmärkte. Die nächsten Monate könnten damit zu weiteren Kurssteigerungen in den USA und in Europe führen. Dies schließt zwischenzeitliche Dips jedoch nicht aus.
Weitere Informationen:
Handelsblatt 23. August: Draghi lässt den Euro schmelzen
WSJ 24. August: Draghi setzt den Paukenschlag in Jackson Hole
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