Ab Sommer 2023 soll ein neues Onlineportal allen Bürgern Auskunft über den Stand ihrer Altersvorsorge geben. Das Gesetz zur „Zentralstelle für die Digitale Rentenübersicht“ (ZfDR) wurde bereits am 11.02.2021 ausgefertigt und trat mit seiner Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 17.02.2021 in Kraft.

Versicherungsunternehmen müssen Daten übermitteln

Anfang April 2023 forderte mich die ERGO LIFE Luxemburg S.A. auf, meine Einwilligung zu erklären, dass sie die Daten meines Lebensversicherungsvertrages an die ZfDR übermitteln darf. Dazu soll ich eine Vollmacht gewähren und einen Auftrag erteilen. Ich gehe davon aus, dass die Übermittlung der von ERGO LIFE Luxemburg S.A. benannten Daten von allen Versicherungsunternehmen (VU) in Deutschland schon längst im Gange ist, auch ohne dass die Versicherungsnehmer explizit darüber informiert worden sind. Dafür gibt es auch schon Software-Systeme, die die VU zur vollautomatischen Datenübertragung nutzen können. In Luxemburg allerdings müssen die VN wegen der dort gültigen Bestimmungen zum Berufsgeheimnis um ihre Zustimmung gebeten werden.

Alle Daten zur Altersversorgung in einer Onlineplattform

Die digitale Renten­über­sicht umfasst Anwart­schaften aus der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge. Stiftung Warentest erläutert in einem Beitrag vom 23. Januar 2023, was alles erfasst werden soll:

  • Renten aus Pflicht­systemen wie die gesetzliche Renten­versicherung,
  • betriebliche Alters­versorgung in der Privatwirt­schaft (Direkt­zusage, Unterstüt­zungs­kasse, Pensions­kassen und Pensions­fonds),
  • Zusatz­versorgung des öffent­lichen Dienstes,
  • geförderte private Alters­vorsorge (Riester-Renten, Rürup-Renten),
  • private Lebens­versicherungen mit renten­nahem Beginn,
  • Alters­vorsorgever­träge in Form von Fonds­sparplänen mit renten­nahem Beginn.

Stiftung Warentest fügt dann auch hinzu: „Das Renten­über­sichts­gesetz sieht nur die Einbeziehung von Renten und Zahlungen vor, die eindeutig der Alters­vorsorge dienen oder von Bürgerinnen und Bürgern typischer­weise dafür genutzt werden.“

Im Gesetz selbst wird im § 2 „Begriffsbestimmungen“ erläutert, welche Lebensversicherungen unter den Begriff „Altersversorgung“ fallen. Es heißt dort: „… sowie private Lebensversicherungsverträge, die einmalige oder wiederkehrende Erlebensfall-Leistungen mit rentennahem Beginn des Leistungsbezugs erbringen, …“

Ist Alter 102 „rentennah“?

Im Gesetz zur digitalen Rentenübersicht ist – wie vorstehend zitiert – von Produkten die Rede, die zur Altersversorgung dienen sollen und die „rentennah“ ausgezahlt werden. Meine Versicherung bei ERGO LIFE ist keine Renten-, sondern eine Lebens-Versicherung. Sie begründet keine Ansprüche auf Auszahlung einer lebenslang garantierten Rente.

Die Auszahlung aus meinem Vertrag erfolgt gemäß den Bedingungen erst, wenn die versicherte Person das 102. Lebensjahr erreicht hat. Vorzeitige Kündigung oder Teilauszahlungen sind jederzeit möglich.

Ich sehe in diesem Vertrag kein Produkt, das „zur Altersversorgung“ mit Ansprüchen auf garantierte Rentenzahlungen vorgesehen war. Es ist vielmehr eine Vermögensanlage, über die ich als Vertragsinhaber jederzeit nach eigener Entscheidung verfügen kann. Deswegen zweifle ich zunächst einmal, dass dieser Vertrag von der ZfDR erfasst wird.

Die Datenübermittlung ist eine Kann – Bestimmung

Die ERGO LIFE Luxemburg S.A. ist aufgefordert, die Daten über meine bei ihr bestehenden Versicherungen an die ZfDR zu übermitteln. Sie darf dies allerdings aufgrund der in Luxemburg geltenden Bestimmungen zum Berufsgeheimnis nur, wenn ich hierzu die Zustimmung, Vollmacht und den Auftrag erteile. Wenn ich diese Zustimmung nicht erteile, können die Daten meines Vertrages nicht an die ZfDR übermittelt werden.

Ich sehe in der Übermittlung dieser Daten keinen besonderen Vorteil für mich. Ich werde die Digitale Rentenübersicht ganz bestimmt nicht nutzen.

Gleichwohl habe ich bei ERGO LIFE Luxemburg S.A. am 12.04.23 angefragt, welche Rechtsfolgen entstehen, wenn ich meine Zustimmung nicht erteile. Meine Anfrage lautete:

„Sehr geehrte Damen und Herren, 

mit Bezug auf meine beiden Verträge (Tarif LVL70) erhielt ich Ihr Schreiben vom April 2023 mit der Aufforderung, meine Zustimmung zur Übermittlung der Vertragsdaten an die ZfDR zu erteilen. …

Die Verträge sind keine Rentenversicherungen, sondern Lebensversicherungen. Die planmäßige Auszahlung erfolgt bei allen Verträgen, wenn die längstlebende VP das Alter 99 erreicht. Dies entspricht vermutlich nicht dem, was im Sinne des ZfDR als „rentennahe Auszahlung“ bezeichnet wird. Somit fallen diese Verträge nicht unter das Muster, das im Sinne des ZfDR als Baustein einer „Altersversorgung“ erfasst werden soll.

Welche Rechtsfolgen entstehen, wenn ein VN seine Zustimmung (Einwilligung, Vollmacht und Auftrag) zur Datenübermittlung nicht erteilt?“

ERGO LIFE hat hierauf folgende Auskunft erteilt:

„Sehr geehrter Herr Feil,

bezüglich Ihrer beigefügten Anfrage bestätigen wir Ihnen hiermit, dass es ohne die unterzeichnete Vollmacht zu keiner Meldung durch die ERGO Life S.A. kommt.“

Jeder Versicherungsnehmer entscheidet selbst

Jeder Versicherungsnehmer, der einen Vertrag bei ERGO LIFE Luxemburg S.A. hat, mag selbst entscheiden, ob er die Übermittlung seiner Vertragsdaten an die ZfDR wünscht. Wenn ja, muss die ERGO LIFE Luxemburg S.A. hierzu die Einwilligungs- und Vollmachtserklärung erhalten.

Ergänzende Informationen und Quellen

Wenn Sie tiefere Informationen über die ZfDR (Digitale Rentenübersicht) suchen, folgen hier noch einige Fundstellen.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales liefert die Übersicht über den Stand des Gesetzgebungsverfahrens und erläutert: „Mit diesem Gesetz sollen die Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation verbessert sowie die Sozialversicherungswahlen modernisiert werden. Die Rentenübersicht soll künftig digital abrufbar sein, damit Bürgerinnen und Bürger mehr über ihre eigene Altersvorsorge wissen.“

BMAS – Gesetz Digitale Rentenübersicht

Der Gesetzentwurf (130 Seiten) ist hier einsehbar.
Im Bundesgesetzblatt wurde das Gesetz am 17.02.2021 veröffentlicht.

Das Gesetz (RentÜG, Ausfertigungsdatum vom 11.02.2021) ist hier abrufbar.
RentÜG.pdf (gesetze-im-internet.de)

Im Bundesgesetzblatt wurde das Gesetz am 17.02.2021 veröffentlicht.
Bundesgesetzblatt BGBl. Online-Archiv 1949 – 2022 | Bundesanzeiger Verlag

Softwareindustrie liefert Systeme zur vollautomatischen Datenübermittlung

Die Software-Industrie bietet bereits Systeme an, mit denen die benannten Daten vollautomatisch an die einzelnen Vorsorgeeinrichtungen übermittelt werden können. Ich gehe deswegen davon aus, dass die in Deutschland ansässigen VU bereits flächendeckend daran arbeiten, solche Systeme in ihre Datenverwaltung einzubinden und die vom ZfDR verlangten Angaben zu übermitteln.

in|sure GovInterface – Software für das Meldewesen | adesso (adesso-insure.de)

Software für das Meldewesen
Die ABS-Team GmbH (ebenfalls ein Anbieter von Software-Lösungen) erläutert auf ihrer Webseite
Digitale Rentenübersicht Schnittstelle – ABS-Team

„Um Bürgerinnen und Bürgern alle Informationen bezüglich ihrer Alterssicherung (gesetzlich, betrieblich und privat) auf einen Blick zugänglich zu machen, wird aktuell eine zentrale Online-Plattform aufgebaut. Die Plattform ermöglicht Nutzenden, einfach und aussagekräftig den aktuellen Stand der eigenen Altersvorsorge-Ansprüche abzurufen. Für die Umsetzung und den Betrieb der Plattform ist die Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht (ZfDR) bei der Deutschen Rentenversicherung zuständig.“

Die Webseite informiert weiter:
• Die Digitale Rentenübersicht startete bereits Ende 2022 stufenweise in die erste Betriebsphase mit freiwillig Teilnehmenden und Vorsorgeeinrichtungen. Vorsorgeeinrichtungen sind Anbieter, Träger oder Stellen, die Altersvorsorgeprodukte aus der gesetzlichen, privaten oder betrieblichen Vorsorge anbieten, also auch arbeitgebende Unternehmen.
• Ab Sommer 2023 können Bürgerinnen und Bürger auf das Portal zugreifen. Ende 2023 startet der Regelbetrieb und die Anbindung an die ZfDR wird für die Vorsorgeeinrichtungen voraussichtlich verpflichtend.

Walter Feil