Der deutsche Aktienindex „DAX“ wird die nächsten Tage wohl 5.200 überschreiten.

Das ist kein Schreibfehler, sondern eine begründete Erwartung. Der Schlüssel zum Verständnis ist der Hinweis, dass es von dem Index der 30 größten Werte im deutschen Aktienindex zwei unterschiedliche Versionen gibt:

  1. den täglich tausendfach diskutierten Performanceindex. Dieser Index stand am 19.6. zum Börsenschluss bei knapp über 10.000
  2. den fast nie erwähnten Kursindex. Dieser Index stand am 19.6. zum Börsenschluss bei 5.146,74.

Der Kurs-Index bildet die Entwicklung der 30 Aktien, die im Dax zusammengefasst sind, als reine KURS – Angabe ab. Dies ist die an allen Börsen dieser Welt übliche Bewertungsmethode. Der Kurs gibt an, zu welchem Preis die jeweilige Aktie (in diesem Fall ein Bündel von 30 Aktien) an der Börse gehandelt wird.

Der Performance-Index dagegen rechnet die Dividendenausschüttungen in die Wertentwicklung mit ein. Damit entwickelt sich der Performanceindex  einer Aktie, die eine Dividendenausschüttung von angenommen drei Prozent leistet, um eben diese drei Prozent besser als der Kursindex. Dies mag für einen Vergleich über einige Monate hinweg nicht besonders auffallen. Für eine Betrachtung über fünf, zehn oder gar zwanzig Jahre kann dieser feine Unterschied jedoch zu dramatischen Fehlinterpretationen führen.

Es erzeugt ein falsches Bild, wenn wir die Entwicklung von verschiedenen Börsen vergleichen und dabei für eine bestimmte Börse den Kursindex (wie üblich) heranziehen, für den „DAX“ aber den Performanceindex unter Einrechnung der Dividenden. Dieses falsche Bild kann schnell zu folgenschweren Fehlentscheidungen führen. Häufig meinen wir, der „DAX“ laufe doch viel besser als alle anderen Börsen dieser Welt. Dieser Eindruck ist besonders ausgeprägt, wenn wir einen langen Zeitraum vergleichen.

Schaubild 1: Vergleich über 10 Jahre

  • Blau: DAX (wie üblich als Performanceindex dargestellt)
  • Rot: Dax als Kursindex
  • Braun: Weltaktienindex (in Euro) als Kursindex 10 Jahre
Die Wertentwicklung des Dax, der stets als Performanceindex dargestellt wird, täuscht über die tatsächliche Entwicklung im Vergleich zu anderen Indizes. Richtig wäre es, den Dax stets als Kursindex darzustellen.

Vergleich DAX Performanceindex, Dax Kursindex und Weltaktienindex auf 10 Jahre

Auf den ersten Blick entsteht der Eindruck, dass der DAX (blaue Linie) den Weltaktienindex deutlich übertroffen hat. Ein zweiter Blick führt zu dem Dax Kursindex und damit zu einem realistischen Vergleich mit dem Weltindex. Hier erscheint der Unterschied der Wertentwicklung geringer. Der dritte Blick führt zu der Erkenntnis, dass der Vorsprung des Dax (richtig als Kursindex dargestellt) fast ausschließlich im Zeitraum von 2005 bis 2007 entstand.

Schaubild 2: Vergleich über 5 Jahre

  • Blau: DAX (wie üblich als Performanceindex dargestellt)
  • Rot: Dax als Kursindex
  • Braun: Weltaktienindex (in Euro) als Kursindex 10 Jahre
Die vergangenen fünf Jahre entwickelte sich der Kursindex für den DAX synchron zum Weltaktienindex. Der bessere Entwicklung des DAX Performanceindex täuscht auf den ersten Blick, da hier die Dividendenausschüttungen mit eingerechnet sind.

DAX Performanceindex und Dax Kursindex im Vergleich zum Weltaktienindex die letzten fünf Jahre

Wenn wir die kürzere Zeitspanne vergleichen, wird deutlich, wie schnell wir zu falschen Schlussfolgerungen verleitet werden. Richtig ist:

  1. Der Dax hat die letzten fünf Jahre nicht besser performt als der Weltaktienindex
  2. Der Dax hat die früheren Höchststände immer noch nicht erreicht. Am 20.06.2007 stand er bereits bei 5.292 Punkten – am 19.06.2014 aber erst bei 5.146.

Damit kommen wir zurück zu der Erwartung, dass der Dax – richtig als Kursindex ausgedrückt – demnächst die 5.200 Punkte wieder überschreiten könnte. Damit wäre er immer noch 92 Punkte unter seinem Stand vom 20.6.2007. Diese Erkenntnis führt zu der Erwartung, dass der deutsche Aktienindex noch einiges Potential vor sich haben könnte. Die Vorstellung, dass der „DAX“ mit jetzt über 10.000 Punkten deutlich über seinem letzten Hoch stehen würde, würde dagegen eher zu einer sehr verhaltenen Einschätzung führen.

Walter Feil